Pub live

09:20 Veedeldame 0 Comments

In einem kleinen Örtchen namens Broadstairs versuchen wir unser Glück in einem ursprünglich englischen Pub. 
Voll scheint es im „Dolphin“ zu sein, deshalb wagen auch wir uns in diese dunkle Bar, um einen kleinen Anleger zu trinken. 


Drinnen empfängt uns direkt der Geruch von abgestandenem Bier, eingestampft in den braunroten Teppichboden und über die Jahre vergossen über die blumigen Sitzpolster.
Zigarettenqualm hat sich dermaßen tief in den dicken Vorhängen verfangen, dass man ihn so intensiv riecht, als teile man sich einen Tisch mit Helmut Schmidt.

Genau diese Art Kneipe haben wir uns erhofft und wir schnappen uns einen Platz in der hintersten Ecke, um unseren sicheren Beobachtungsposten zu besetzen.
Kaum stehen wir an der Bar um Cider, Pale Ale und Lager zu bestellen, spricht uns ein schmächtiger Engländer an, dessen ansehnlicher Bauch darauf schließen lässt, dass dieser nicht das erste Mal in seinem Leben die Kneipe aufsucht.
Trotz seines alkoholgeschwängerten Blickes, der uns elegant verfehlt, bemerkt er sofort, dass wir Deutsche sind. 

Da sich unser Gesprächspartner als sehr hartnäckig entpuppt und schnell zu konfliktprovozierenden Themen wie Europapolitik (worüber man besser nicht mit anderen Europäern diskutieren sollte) sowie Fußball (worüber man als Unwissender mit überhaupt Niemandem diskutieren sollte) übergeht, bewegen wir uns rückwärts und freundlich grinsend wieder auf unsere Ecke zu.


Nach einigen durstigen Schlucken englischen Bieres wenden wir uns der restlichen Belegschaft des Pubs zu.
Mir fällt direkt ein fülliger Mann mittleren Alters auf, dessen knappes T-Shirt sich provokant über seinen Bauch spannt.
Auf ebendiesem Shirt ist groß ein Hochzeitspaar in Ampelmännchen-Style abgebildet.
Darunter steht ein düsteres „Game Over“.
Entweder hat der ehrenwerte Bursche eine weniger erfolgreiche Scheidung hinter sich, oder er bezeichnet sich selbst als einen ewigen Junggesellen, denke ich mir.
Als dieser jedoch sein Smartphone herausholt, um seinen Trinkkumpanen ein Foto seiner Frau zu zeigen, beglückwünsche ich diese innerlich nur zu ihrer Wahl dieses Prachtexemplars von Ehemann.


Nach einigen Augenblicken bemerken wir, dass es lauter wird im „Dolphin“.
Ein Fußballspiel beginnt; wir trinken schnell unsere Gläser aus und machen uns auf den Weg.
In waschechte Debatten über englischen Vorstadtfußball zu geraten, trauen wir uns dann doch noch nicht zu.




                     

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