Kabale und Liebe

08:09 Veedeldame 0 Comments

Dieser zweite Theaterpost in kurzer Zeit soll kein Überfall auf das kulturelle Gewissen sein.
Nein, wir sind lediglich dem Schauspiel Köln verfallen, weshalb wir uns nach dem "Kaufmann von Venedig" auch "Kabale und Liebe" ansahen.

Da ich in meiner Schulzeit nie in den Genuss von Schillers "bürgerlichem Trauspiel" gekommen bin, setzte ich mich völlig unbefangen und ohne bitteren Abitur-Beigeschmack in die Vorstellung.
Wer bei dieser Inszenierung von "Kabale und Liebe" träge Dialoge und unverständliches Geschwafel erwartet ist in Köln-Mühlheim fehl am Platz.

Das Stück spielt in einem großen Lager des Internetversandhauses Amazon, wo fleißige Bienchen zu elektronischen Beats Pakete packen, während der Zuschauer an die Handlung herangeführt wird.
Obwohl Schillers Sprache eigentlich wenig mit der Neuzeit zu tun hat, fügt sie sich mit der modernen Szenerie und den ranzigen Kostümen zusammen.
Die Handlung ist rasant, wird oft durch musikalische Einlagen einiger Akteure unterbrochen und zeigt einen Gefühlsausbruch nach dem anderen.
Mal wird die gesamte Bühne in ein lebendiges Aquarium verwandelt, mal bemalt sich die männliche Hauptfigur Ferdinand mit leuchtender Matschfarbe.
Man kann zwar nicht alle szenischen Umsetzungen nachvollziehen, doch langweilig wird das Stück sicher nicht. Im Gegenteil. 
Als gegen Ende Dubstep in ohrenbetäubender Lautstärke aus den Boxen tönt, bete ich für die armen Senioren, die bei dieser Inszenierung vielleicht weniger auf ihre Kosten kommen.
Der absolute Höhepunkt ist aber Luises Ritt auf der Abrissbirne. Da dürfte es bei Euch allen klingeln.
Miley Cyrus im Theater, das muss man sich erstmal trauen. 
Dass diese im wahrsten Sinne des Wortes einschlagende Szene auch noch die des tragischen Todes des Liebespaares ist, tut der Ernsthaftigkeit des Stückes komischerweise keinen Abbruch.

Alles in Allem wieder eine sehr gelungene Version eines gar nicht so verstaubten Klassikers.
Vor allem, wenn man ihn ganz ohne den Druck einer bevorstehenden Szenenanalyse genießen kann...

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